Sellnitz (Bad Schandau)
Sellnitz ist eine Wüstung und gehört zu Bad Schandau (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Sachsen). Sie wird auch als Seltensatt oder Seltnitz bezeichnet. Hier befindet sich das Einzelgut Sellnitz. Heutzutage findet man darin den Stützpunkt des Nationalparks der Sächsischen Schweiz.
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Geographische Lage
Nordöstlich zu Fuße des 415m hohen Liliensteins (ein Tafelberg der Sächsischen Schweiz) konnte man das Dorf Sellnitz finden, das auf der 210-230 Meter hohen Waltersdorfer Ebenheit lag.
Es gibt hier Wälder, aber auch eher offenes Land. Dem Nationalpark Sächsische Schweiz gehört das alles. Grenzen sind dabei im Nordwesten und im Südosten des Elbtals. Nach Osten hin mündet die Sellnitz-Länderei irgendwann in den Prossener Grund. Nachbarorte sind im Nordosten Waltersdorf und im Osten Prossen. Beide gehören zu Bad Schandau. Wenn man nach Südwesten schaut, so ist der Königsteiner Ortsteil Ebenheit auf der anderen Seite des Liliensteins der nächste Ort. Strand, zu Struppen gehörend, grenzt von Nordwesten an die Sellnitz.
Zum Sellnitz Einzelgut kommt man über Wanderwege oder aber über den von der Liliensteinstraße abzweigenden Sellnitzfahrweg. Orientieren kann man sich an dem Steilabfall Obere Kirchleite ins Elbtal und daran, dass es östlich des Liliensteins am Rand der Ebenheit steht. Die Adresse lautet Sellnitz 34.
Namensgebung
Der Name Sellnitz kommt aus dem Deutschen. Vermutlich wurde so früher umgangssprachlich eine arme Siedlung mit sandigem, notdürftigen Boden bezeichnet, in der die Bewohner „selten satt“ geworden sind. Diese Vermutung liegt auch deswegen sehr nahe, da eine Realprobe bestätigte, dass die Bodenverhältnisse dem Namen wirklich alle Ehre gemacht haben. Forschungen zu Folge wird „Seldensath das dorff m.g.h.“ 1501 erwähnt und im Jahr 1540 wird von einem Ereignis im Zusammenhang mit „Seltensaat“ berichtet.
Auch 1548 ist von „Seldtensaht“ die Rede. Da im Jahre 1558 von „die wüsten Felder ufm Seldensaeth“ geschrieben ist, 1576 das Wort „Seltensatter Flur“ fällt und im 1592/92 ebenfalls von „Selensaht“ berichtet wird, lässt sich daraus schließen, dass im 16. Jahrhundert der Ort wohl sehr wüst gewesen sein wird. Man vermutet, dass das Wort „Saat“, aber auch das Wort „selten“ in Form von „Selde“ benutzt worden ist. Das letzte Wort wird im Mittelhochdeutschen synonym für das Wort „Haus“, mit der Zeit aber auch für kleiner Hof und Grund verwendet.
Bis heute gibt es Ort mit Namen wie z.B Sölden. Diese Theorie wird aber dadurch widerlegt, dass es Zusammensetzungen mit „-satt“/ „-saat“ gibt und auch , dass das Wort „Selde“ im Ostmitteldeutschen Raum nicht wirklich benutzt wurde.
Als der Grund immer wüster wurde und somit der alte Name immer weniger benutzt wurde, hat man diesen wohl im 17. Jahrhundert hinten etwas verschliffen. Deswegen findet man Aufzeichnungen aus dem Jahr 1653, der den Sellnitz-/Seltensatter Grund als „Zelßnergrund“ bezeichnen. Erst 1755 wird dann von einem Ort Namens „auf der Sellnitz“ berichtet. So hat man dem veränderten Ortsnamen den slawischen Beigeschmack in Form von „-itz“gegeben.
Und obwohl es in der Sächsischen Schweiz Orte wie Sebnitz, Mannewitz, Postelwitz und Krietzschwitz eher selten gibt, sind Namen mit dieser Endung im Großraum Dresden doch sehr verbreitetet. Interessant ist auch, dass sich der Genus des Flurnamen vom männlich „der Seltensatt“ zu weiblich „die Sellnit“ verändert hat. So findet man 1827/30 den Ort „Selnitz“ und 1833 „Seltnitz“ in Lexika. Mitte des 19. Jahrhundert findet man im Oberreitschen Atlas „Seltnitz od. Seltensaat“.

Geschichtlicher Hintergrund
Die erste schriftliche Erwähnung von Sellnitz findet man in einer Urkunde aus dem Jahr 1428, wo auch von Friedrich von Oelsnitz, dem Vogt auf dem Königstein bzw. Lensmann des 1423 zum Kurfürsten erhobenen Friedrich I. von Sachsen und 1426 Eroberer der Felsenburg Neurathen und den Söhnen die Rede ist. Es wird beschrieben, dass sie der Königsteiner Kirche ein Leite „die da leidt an der Elbe gegen den Strannischenn Wiesen ber, nemlich von dem Lottersteigk biß an Partisch Krales Erbe, unnd vonn der Elbenn bis an Seldensatter gemercke“ übertragen.
Zudem gibt es eine Urkunde aus dem Jahr 1464, die auch von diesem Ereignis berichtet. Darin wird beschrieben, wie die Grenze zwischen dem Königstein und dem Burgbezirk Rathen verläuft und in der man sieht, dass die Sellnitz zum Burgbezirk Rathen gehört hat. Auch im Zusammenhang mit dem Namen „Nickel Schöne von Seltensat“ findet man Sellnitz in einem Schriftstück aus 1474.
Wenn man an die Beschreibung der vier besessenen Männer aus dem Jahr 1501 denkt, so wird es sich wohl eher um einen kleinen Flur handeln. Nach Königstein eingepfarrt, ging der Weg, der heute als Kirchweg bekannt ist und als Wanderweg dient, durch das Dorf. Früher war dieser doe Verbindungsstraße für die Walterdorfer zur Königsteiner Marienkirche. Die einstmaligen Bewohner haben zudem ihr Trinkwasser an der Quelle geholt, die ca. 250 Meter westlich des Anwesens liegt. In der Karte von Matthias Oeder wird diese als „der heher Born“ bezeichnet.
Durch die in der Schlacht von Dresden 1813 gelagerten französischen Truppen von Napoleon wird diese Quelle nun als Franzosenborn bezeichnet. Die Vertiefung im Sandstein, die sich daneben befindet, ist die sogenannte Pferdetränke. Austreten tut diese Quelle aus dem Gesteinsschutt am Fuße des Liliensteins.
Die Einfassungen der Mauer, sowie die Schachtung und die Abdichtung sollten sie ergiebiger gemacht haben. Gelebt haben die Bewohner größtenteils von der Haltung von Nutztieren und vom Ackerbau. Als der Befreiungskrieg tobte, wurden in der Nähe der Sellnitz zu Fuße des Liliensteins Schanzen errichtet, deren Überreste man bis heute vorfinden kann.
Aufzeichnungen zufolge kann man schließen, dass im frühen 16. Jahrhundert das Dorf aufgegeben worden ist. Dies fiel dann dem Kurfürsten zu und Günther von Bünau, der 1504 bis 1514 Landvogt von Pirna war, teile dieses Grundstück dann auf. „Die wüsten Felder aufm Seldensath“, also der südliche Teil, der etwas kleiner war, ging für 105 Schock Groschen ( 1 Schock Groschen = 60 Groschen) an Waltersdorf.
Über den nördlichen Teil, der größer war, wurde im Jahr 1591 als über den Pirnaer Amtswald „Der Seltensather grundt“ geschrieben. Sowohl der Amtswald, also auch Waltersdorf gingen Ende des 17. Jahrhunderts an das Rittergrund Prossen über. So war der dazugehörige Besitzer als Grundherrscher ermächtigt.
1755 ist von einer Schäferei auf der Sellnitz die Rede und die dazugehörige Schafe weideten auf deren Fluren. Im Jahr 1875 gehörte Sellnitz zur
Gemeinde Waltersdorf und war somit unter der Amtshauptmannschaft Pirna. Zu dem Zeitpunkt gab es auf der Sellnitz ein Schäferei-Vorwerk und es gab 14 Einwohner. Der Besitzer des Ritterguts Prossen verkaufte das Vorwerk Sellnitz schließlich im Jahr 1898 an den Staat. Somit wurde die Fläche von Sellnitz in den Sächsischen Staatsforst einbezogen. Die Flur wurde außerdem mit Grenzsteinen eingezäunt.
Man kann seit ca. 1900 die Flurgrenze von Sellnitz wieder sehen, das schon ca. 400 Jahre alt ist und auch schon wüste Zeiten hinter sich hat. Im weiteren Verlauf war der Sellnitzer Hof der Sitz des Forstwarts, der für den südlichen Teil des Staatsforstreviers zuständig war. Hier war also nun der Forstsitz und auch die Wohnstätte für Waldarbeiter. Im Pflanzengarten, der nicht weit davon entfernt war, hat man dann Elsbeeren angepflanzt.
Gegen Ende des 2. Weltkrieges gab es am Sellnitzgrund für die US-amerikanischen Kriegsgefangen ein Gefangenenlager. Gemeinsam mit den KZ-Häftlingen Königstein wurden sie dafür eingesetzt, Stollen in den Steinbruch Niedere Kirchleite zu Treiben.
Unter dem Deckname Schwalbe II sollte hier eine unterirdische Treibstofffabrik entstehen. 930 Gefangene zählten am 31. Januar 1945 zu dem Lager, während es am 28. Februar nur noch 578 waren. Etwas über Rathen in Höhe des Wirtshauses, setzten sie auf dem Weg zur Arbeit auf der geraden Linie, die zwischen Waltersdorf und Weißig liegt, über die Elbe herüber.
Bis zum Juni im Jahr 1946, nachdem die Amerikaner weg waren, konnten hier viele Heimatvertrieben aus dem nahen Sudetenland, die sog .Sudetendeutschen unterkommen, wenn auch nur provisorisch. Die meisten von ihnen waren alt und schwach und so ist es kein Wunder, dass mehr als 100 Leute in der schweren Zeit ihre letzte Ruhestätte auf dem Waldfriedhof am Sellnitzgrund, der am Kirchweg liegt, fanden. Daran erinnert auch die dortige Gedenktafel. Die Aussage, die in der Sudetendeutschen Zeitung publiziert wurde, dass auf dem Friedhof hier auch Opfer des Massakers von Aussig lägen, die im August 1945 aus der Elbe in Bad Schandau gezogen worden sind, wurde jedoch nicht bestätigt.
Im Landschaftsschutzgebiet (LSG) Sächsische Schweiz liegt die Sellnitz seit 1956. Teil des gleichnamigen Nationalparks wurde sie im Jahr 1990. Dazwischen gab es noch das Jahr 1974, in dem die Sellnitz zu Porschdorf gehörte, also seit der Eingemeindung von Waltersdorf. Ab dem Jahr 1981 hat man einen großen Teil der damaligen landwirtschaftlichen Nutzfläche nahe des Gebäudes mit Nadelbäumen bepflanzt.
Die alte Scheune auf der Sellnitz diente seit dem Jahr 1988 der LSG-Inspektion Sächsische Schweiz (damalige Naturschutzverwaltungsbehörde) als Werkstatt.
Jetzt tagt hier der Wirtschaftshof des Nationalparks, aber auch die Jugendbildungsstätte des Nationalparks hat hier ihren Sitz. In der letzteren kann man Interessantes über Flora, Geologie und Fauna des Elbsandsteingebirges lernen.
Die Sellnitz verfügt auch über das sog. Freigelände. Das ist eine Streuobstwiese, auf der alte und auch teilweise seltene Apfelsorten zu finden sind. Diese wurden nach der Wende um 50 neue Bäume erweitert.
Damit dieser Lebensraum auch weiter bestehen bleibt, konnte man seit dem Herbst im Jahr 1996 20 Jahre lang hier Hausschafe weiden sehen. Und zwar handelte es hier um die alte und bedrohte Rasse Skudde. Dieses Landschaftspflege-Projekt wurde auch von dem Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft unterstützt. Das kann man auf den Schautafeln vor Ort erkennen.
Seit 2004 hatte der Förderverein Kulturlandschaft Sächsische Schweiz e.V. ihre jährlichen Wollfeste im Frühling hier veranstaltet. Dies war nämlich auch der Träger. Sein Sitzt lag auf der Sellnitz. Doch auch Anfang Juni gibt es hier jedes Jahr einen Höhepunkt: das Sellnitzfest, das von der Nationalparkverwaltung und dem Förderverein veranstaltet wird.
Dies fand im Jahr 2018 zum 23. Mal statt. Nachdem im Jahr 2012 Porschdorf eingemeindet ist, gehört Sellnitz zu Bad Schandau.
Titelbild: Von DynaMoToR – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=30992579
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